Ine Dippmann (41) ist seit Februar 2014 Landeskorrespondentin von MDR Info in Sachsen. Sie ist Landesvorsitzende des Deutschen Journalistenverbandes (DJV) Sachsen. Dieser Augenzeugenbericht ist die Zusammenfassung eines Interviews, das sie mit Matthias Meisner (Tagesspiegel) führte.

Am 11.1.2016 berichtete ich für den MDR Hörfunk als Live-Reporterin von verschiedenen Kundgebungen in Leipzig. Zwischen den stündlichen Live-Schalten von einem Ü-Wagen bin ich immer wieder an verschiedene Punkte der Innenstadt gegangen oder mit dem Rad gefahren. Zur Kundgebung von Legida bin ich erst am Ende gestoßen, da waren die Reden von Bachmann und Festerling schon durch. Gerade „sang“ Hannes Ostendorf von der rechten Band „Kategorie C“. Dann kam noch ein Redner – man konnte sein Gebrülle kaum verstehen. Ich davon Mitschnitte gemacht, war also mit dem Reportermikrofon unterwegs und durch den MDR INFO Mikroschutz auch erkennbar. Ich hielt mich am Rand auf und ging dann zur Rednerbühne vor, weil ich dort Pegida-Anführer Lutz Bachmann gesehen hatte. Als er hinter der Bühne mit dem umstrittenen „Rapefugees not welcome“-Schild hervorkam, hielt das für dokumentierenswert. Auch weil er „Für Kasek, das ist für Kasek“ rief. Jürgen Kasek, einer der Vorsitzenden der Grünen in Sachsen, hatte ihn wegen des Spruchs angezeigt. Ich zückte also mein Handy und machte Fotos. Nach dem zweiten Foto wurde mir das Handy von hinten links aus der Hand geschlagen. Der zweite Schlag hat mich dann ins Gesicht getroffen, am rechten Wangenknochen. Als ich mich umdrehte, sah ich eine ältere Frau vor mir, ich schätze mal so 55, 60, relativ groß, weißhaarig mit Brille. Ich war fassungslos, rief laut „Sie schlagen mich?“ und war schnell von einigen Männern umgeben. Was denn los sei, erkundigten die sich… Ich erklärte, dass ich für den MDR hier als Reporterin arbeitete, geschlagen worden sei, mein Handy zurückwolle. Das Handy reichte mir jemand. Nur die Akku-Hülle war defekt. Aber dann ging die Diskussion los: ich bräuchte ich mich ja nicht zu wundern, dass so etwas passiere, dass ich mich überhaupt  hertraue… hört auf zu schwindeln, dann passiert so was auch nicht. Als einer der Männer dann meinte, „Geh doch nach Hause, leg dich hin, lass dir unter den Rock fassen.“, ging ein PEGIDA-Ordner dazwischen, „lasst sie in Ruhe“, sagte er. Ich forderte ihn auf, mich zur Polizei zu begleiten, die stand nicht weit entfernt und bewachte die Absperrung. Das hat er auch getan.

Zu meinem Fahrrad, mit dem ich zum Ü-Wagen zurückwollte, konnten mich die Polizisten nicht begleiten. Der Demonstrationszug hatte sich gerade in Bewegung gesetzt. Ich wartete also ab, twitterte schnell noch das Bild von Bachmann mit dem Transparent.

Ich habe dann noch einmal das Gespräch mit Pegida-Anhängern am Ende des Demonstrationszuges gesucht, war noch voll im Arbeitsmodus. Ein Mann beschimpfte mich übel, während ich mit einem anderen sprach. Journalisten seien linksversifft, würden sowieso lügen. Als ich ihn ignorierte nannte er mich „Fotze“, bevor er schließlich ging. Als ich dem etwas gemäßigteren PEGIDA-Anhänger später sagte, dass ich an dem Abend geschlagen worden sei, wollte er das erst nicht glauben, sagte dann, dass ihm das leid tue.

Ich habe an dem Abend Anzeige wegen Körperverletzung gestellt. Künftig werde ich solche Reportereinsätze in Begleitung absolvieren.